Sven Schalenberg, 2022 Ölmalereiprojekt
zum zeichnenden Hausbuchmeister von 1480:
Kunstgeschichte aller Zeiten
ist Thema, Inspiration und Steinbruch
für die malerische Auseinandersetzung von Sven Schalenberg.
Dabei ist es völlig gleich, ob es zeitgenössische Kollegen sind, oder alte Meister.
Besonders die Alten Meister der Renaissance bieten dabei starke Inspiration für Neues.
Dürer, Grünewald, Holbein und natürlich die Italiener sind immer wieder Thema.
Der Hausbuchmeister (um 1480), gelebt eventuell 1445-1511,
ist als Person gar nicht mehr fassbar.
Von Basel bis Amsterdam ordnet man ihm grafische Werke zu.
Meiner Meinung nach finden wir sein Abbild sicher noch mal irgendwo im großartigen Zyklus des „Mainzer Marienleben“.
Bei den nicht unumstrittenen Zuordnungen sehen Fachleute bis zu fünf Handschriften, also unterschiedliche Zeichenstile, und sogar differente Personen.
Die hervorragende Qualität seines Zeichenstils zeigt uns wirklich einen großen Meister, der damals auch sicher kein Unbekannter war.
Aber bei den Planetenbildern spricht man immerhin noch von 2 Künstlern.
Bei längerer Betrachtung erst verstehe ich seinen Stil, der so sehr eigen ist, daß ich denke:
So viele kann es davon gar nicht gegeben haben.
Ich glaube, ihn auch in einiger Tafelmalerei der Zeit zu erkennen.
Am stärksten spürt man eine Ähnlichkeit wohl im Mainzer Marienleben, dem grandiosen Zyklus, heute dort im Landesmuseum.
Differierende Handschriften eines einzigen Künstlers gibt es immer wieder.
Vielleicht hatte er mal zu viel,
oder eben zu wenig getrunken,
oder sonst ein Unbill, das ihn hin und her warf…?
Auch eine zeitliche Unterbrechung kann zur anderen Handschrift führen.
Wir können heute nur spekulieren…
Im Herbst 2020 fand die nun von Schalenberg vorgelesene Romantrilogie
nach Leo Weismantel, zu Mathis Nithard, genannt Grünewald,
mit dem dritten eingelesenen Hörbuch den Abschluß.
Dabei beschloß er dann drei Motive des sogenannten Hausbuchmeisters,
die in den Romanen eine ganz wesentliche Rolle spielen, nun auch in Öl zu malen.
Der Lustgarten, Saturn und das Bergwerk, 2020 bis 21.
Bei so intensiver Betrachtung konnte Schalenberg sich fast in die, immer markanter verstandene, Handschrift des „Hausbuchmeister“ verlieben.
Danach festigte sich 2021 der Wunsch nun doch alle sieben Planetenblätter
farbig zu malen. Also kammen noch sechs neue… bis 2022.
Die Vorgaben
In der letzten Detailvergößerung bei „Luna“ sieht man auch, welche zeichnerische Kraft in der rätselhaften Narration aus dem Alltagsleben der Frührennaissance steckt.
Zum Beispiel ist die Frau, von der man meint, sie gebe einem Kind einen Zucker,
tatsächlich ist sie der Empfänger einer kindlichen Mitleidsgabe,
angekettet an die Hütte. Warum?
Immer wieder zeichnet er Hunde, die fundamentale Sinne vorführen. Hier die laute Trompete. Riechen, Hören, Fühlen sind jedem Zeichner nur schwer Darstellbar. Der Hausbuchmeister löst diese Aufgabe mit verblüffender Leichtigkeit.
Nicht nur die Hunde sind ein markanter „RunnigGagg“ wie auch bei Pontormo, andere wiederkehrende Details verbinden die unabhängigen Zeichnungen, wie das schüttere Laub im Haar des verliebten Jünglings, oder die Waffe, bzw. Klinge am unteren Bildrand.
Auch der Hausbuchmeister hatte Vorgänger und Arbeitsvorlagen.
Das Tübinger Luna-Blatt zeigt solches Detail mit gefangener Frau noch nicht.
Nach längerer Motivrecherche im Netz fand ich auch noch das sechste mir fehlende Stern-Motiv und auch die Vorgänger zum Planeten-Zyklus im Tübinger und im Kasseler Archiv.
Mit Sicherheit hatte der Hausbuchmeister die Tübinger Blätter, oder Kopien davon gekannt. Beispiel: Saturn:
Eine ganz wichtige Spur zu dem großen Unbekannten führt sogar nach Worms:
Der Maler Nicolaus Nievergalt.
(Ihm hat man seinen goldenen Dienst vielleicht nie zu vergelten vermocht,
wie er es wirklich verdient hätte. Aber da auch der Vater, Goldschmied in Speyer, schon so hieß, bleibt sein Name ohne Sinnbild.
Ich vermute einen sehr gutherzigen und bescheidenen Maler und vor allem Zeichner,
(Auch so ein Gothard, wie Mathis), der es noch nicht nötig hatte mit Signatur zu glänzen.)
Mit ewig gültigen Alltagsszenen ist seine Erzählung eigentlich zeitlos.
Manche Gesichter, Augen, Nasen und Details sind so modern, wie heute Comik-Zeichner kaum besser sind.
Im 15. Jahrhundert waren fünf der Planeten des Sonnensystems bekannt.
Auf dem dritten saßen wir selber, mit Terra also sogar sechs. 6 Planeten mit Erde.
Mit Sonne und Mond hatte man also schon acht solare Himmelskörper im Blick.
Erst der pfälzer Kabarettist Bernhard Weller wies 2021 beim Atelierbesuch darauf hin,
daß die sieben „Planeten“ auch die Wochentage abbilden.
Grandios:
- Saturn – Steinbock
Lundi Lunes Lunedi
Montag = Luna
= Arbeitstag-Mühle-Korn-Energie-Schwimmen-Gaukler-Medicus
Mardi Martedi Martes
Dienstag = Mars
= Krieg-Zerstörung-Feuer-Viehraub-Mord
Mercredi Mercoledy Miercoles
Mittwoch = Merkur
= Kunst-Maler-Bildschnitz-Gelehrbarkeit-Schule-Orgel-Goldschmied
Jeudi,Jueves Giovedi
Donnerstag = Jupiter
= Jagt-Schützen-Studierstube-Hohheit-Gerichtsbarkeit
Vendredi Viernes Venerdi
Freitag = Venus
= Liebe-Erotik-Musik-Tanz-Kupplerin
Saturday
Samstag = Saturn
= Pflug-Acker-Gartenarbeit-Henker-Märtyrer-Gefängnis-Pranger-Behinderte-Schlacht
Sonne Sunday
Sonntag = Sol
= Sport-Wettkampf-Kirche-Almosen-Feier
„Eine Woche Renaissance“ könnte nun der Titel zur Ausstellung werden…
Und es wird etwas wieder geboren…
Mit dem Saturn ergeben sich also, sicher nicht zufällig, 7 Kosmos-Motive
und somit ergibt sich eine ganze Woche, die entsprechende Alltagsszenen schildern.
Alle Bilder sind Öl auf Leinwand, 70 x 50 cm, 2020-2022,
wie auch die zwei ersten, „Bergwerk“ und „Lustgarten“,
also 9 formatgleiche Leinwände, die in Reihe überall zur Geltung kommen,
am besten wohl im Turmzimmer der Mainzer Kunsthalle.
Das Bergwerksblatt, so die Vermutung bei Leo Weismantel, könnte die Gegend an der mittleren Nahe darstellen, (Kirn / Fischbach), deshalb auch die neuen Flieger im Himmel, die in Richtung Flughafen Hahn ziehen.
Der Lustgarten feiert sein entblößtes Vergnügen nun unter dem Feuer der heute brennenden Taiga, auf dem satt gegossenen „Green“, wie beim Golfen in geschlossener Gesellschaft.
Von diesen beiden Motiven sind gerade zwei größere Varianten in 110 x 80 cm in Arbeit,
sind aber erst am Anfang und frühestens zur Jahresmitte präsentabel.
Eventuell besteht auch Interesse die ganze Planeten-Reihe nochmals vergrößert auszuführen…
Vielleicht gibt es aber vorher weitere Genremotive aus dem Hausbuch in 70 x 50.