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es war einmal …
freies Wort, Essays, Geschichten, Gesponnenes, …
wie zum Beisiel:
Kunst – Bild – Selbst
Einst war ein
mächtiger Herrscher,
der sehr eitel war,
in sich selbst verliebt
und der unter der Furcht vor seiner Vergänglichkeit litt.
Da ließ er
den größten Künstler holen,
der im Lande zu finden war
und wollte, daß dieser ihn noch einmal schaffe,
daß er ihn selbst noch einmal so mache,
genau so, als ob er selbst es wäre.
Er wollte ein Duplikat
von sich haben,
das sei, wie das lebendige Vorbild,
ganz genau, als ob es dieses selbst wäre.
Und man holte den Künstler
und der Herrscher
befahl ihm sein Begehr:
„Wisse, Du tust es um Ruhm und Leben!“
Der Künstler,
die Männer des Herrschers hatten ihm tatsächlich den Besten,
den Größten, gebracht,
erbleichte.
Er wußte, daß der eitle Herrscher
etwas von ihm verlangte,
das unmöglich war,
daß niemand jemals etwas
was ist, noch einmal machen könne
und er sagte ihm:
„Nein, Herr, das kann ich nicht!
Ich kann lediglich ein Zeichen entwerfen,
das entfernt an einen Teil Deiner Person erinnert.
Mehr kann ich nicht und stand auch nie in meiner Macht.“
Aber der Herrscher
wollte es so
und erzürnte
und war mit einem ihm fernen Zeichen nicht zufrieden.
Und er befahl ihm,
gegen den Tod, es zu versuchen!
Ja, er befahl ihm: Es zu schaffen!
Mit dem Pfand des Lebens hoffte er, ihn auf’s Extremste zu motivieren.
Doch der Künstler, er hatte seinen Kunden sehr genau verstanden,
wußte, daß er es nicht schaffen könne,
daß dieses Begehr unerfüllbar war
und daß er es gar nicht erst zu versuchen brauche.
Er wußte, daß kein Lebender es je schaffen kann,
die Realität noch einmal zu machen.
Er wußte, jeder Versuch war sinnlos
und er fürchtete um sein Leben.
Er versuchte es nicht.
Doch, um Zeit zu gewinnen, versprach er dem Herrscher, alles zu versuchen,
was in seiner Macht stand.
Er wußte, daß dieses wohl sein letzter Auftrag war
und sein Leben nun nicht mehr allzulange wären würde,
daß er nicht mehr allzulange seiner Kunst dienen könne,
eben nur noch so lange, wie die Geduld des Herrschers währte
und hinauszuzögern sei.
Und er machte sich an die Arbeit
und bemühte sich, die ihm wohl verbleibende Zeit
noch möglichst sinnvoll zu nutzen.
Und er malte.
Und er malte viel.
Dieses und Jenes, was ihn begeisterte.
Nach einer Zeit kam der Herrscher, um nachzusehen,
und fand den Maler mit vielen Bildern.
Aber in keinem konnte er sich selbst erkennen.
Der Künstler beschwichtigte und sagte,
daß er für einen solch schwierigen Auftrag
erst viel, viel üben müsse,
daß es noch über seine Kräfte hinausgehe
und daß dies Alles notwendige, vorbereitende Studien seien.
Als der Herrscher nach Zeiten wieder kam,
hatte der Künstler viel und sehr fleißig gearbeitet.
Aber ein Bild des Herrschers war nicht darunter.
Der Künstler versicherte aber, gegen den wachsenden Mißmut des Herrschers,
daß er immer zuversichtlicher sei, daß es bald gelingen könne.
Ein Werk von dieser Größe brauche eben lange.
So vergingen einige Jahre.
Und als der Herrscher wieder kam
und ihm ungeduldig eröffnete, daß nun die Frist abgelaufen sei,
er sein Bild forderte, und es nicht fand,
sagte der Künstler:
„Um Euch in Eurer Vollkommenheit und Ganzheit darstellen zu können,
habe ich erst einmal an mir selbst geübt.
Ich habe versucht, mich selbst darzustellen,
in dieser lebendigen Verewigung, die Ihr für euch verlangt.
Nun bin ich fertig damit.
Seht meine Werke … Sie sind das Bild von mir!
Sie stellen meine Person dar,
wie sie lebendiger und vollkommener nicht sein kann.
Dies ist mein vollkommenes Ich.
Ich bin es selber, was du da siehst!“
Der Herrscher sah.
Aber er konnte ihn in den Werken nicht sehen und nicht finden.
Sie stellten vieles, alles mögliche dar, dieses und jenes,
aber nicht das Bild des Künstlers.
Er fühlte sich von dem Künstler hintergangen,
auf den Arm genommen, und für dumm verkauft,
geriet in große Wut und stach den Künstler nieder,
daß der tot zu Boden fiel.
Er hatte dem Künstler das Leben genommen.
Es gab diesen nun nicht mehr.
Doch plötzlich begannen für ihn all die Werke,
die ihn umgaben
zu sprechen.
Es war, als wäre der Künstler immer noch da,
als ob er lebte und in diesem Raum gegenwärtig wär.
Er selbst, der Künstler, strömte und sprach aus allen Bildern,
die irgendetwas und alles mögliche darstellten,
aber doch durch und durch von ihm durchdrungen waren.
Da begriff der Herrscher, daß der Künstler es tatsächlich geschafft hatte, wovon er sprach. Er hatte ein Werk gemacht, das er selbst war.
Der Herrscher dachte an diesem Tage lange, lange nach
und fing mit der Sonne des Nächsten zu malen an .
Er blieb auch nicht lange Herrscher
– denn Stärkere hatten ihn schnell verdrängt.
Doch er ist wohl noch ein eifriger Künstler geworden.
Der Künstler hatte tatsächlich seinen Auftrag erfüllt.
(Nein!
Keine gute Geschichte.
Nein, vom Grunde her schon falsch.
Eitelkeit kann keine Quelle von Großem sein.
Der Künstler existiert stets, immer in der Fülle seiner Kreativität.
Vergänglichkeit ist aber sowieso nicht das Problem erfüllter Existenz!)